Die Preisdynamik am Kaffeemarkt einfach erklärt
Der Markt für Rohkaffee unterliegt dynamischen Preisschwankungen. Denn Kaffee ist ein Rohstoff der über Futures (börsengehandelte Forward-Kontrakte) gehandelt wird. Das Ergebnis ist ein sogenannter "Weltmarktpreis für Kaffee" (C-Market Price), der als Referenzpreis für den Handel mit Rohkaffee dient.
Unser Ziel ist es jeden Rohkaffee direkt vom Produzenten zu beziehen. Dadurch können langfristige, nachhaltige Partnerschaften zwischen Kaffeebauern und Kaffeeröster entstehen. Zum einen verbleibt ein größerer Teil der Wertschöpfung im Anbauland und die Kaffeebauern werden unabhängiger von den Preisschwankungen am Weltmarkt.
Rodolfo Ruffatti Battle auf seiner Finca Esquipulas
Der direkte Einkauf ist jedoch erst ab größeren Mengen möglich, weshalb wir derzeit auch Kaffees von Händlern beziehen, die eine transparente Lieferkette bis zur Farm oder Kooperative gewährleisten. Als Kaffeeröster wägen wir daher ab zwischen einem abwechslungsreichen Sortiment und einer möglichst direkten Beziehung zu unseren Kaffeeproduzenten.
Auf den Weltmarktpreis von Kaffee wirken sich besonders die Ernteerträge der größten Anbauländer aus. Allen voran Brasilien, Vietnam, Kolumbien, Indonesien und Äthiopien, die gemeinsam 75% der weltweiten Produktion verzeichnen. Ernteausfälle werden besonders bedingt durch verheerende Wetterereignisse (z.B.: Dürre, Frost), politische Unruhen bis hin zu kriegerischen Auseinandersetzungen oder der Ausbreitung von Pilzkrankheiten in manchen Anbaugebieten.
Seit April 2021, also rund ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie, steigt der Preis für Arabica Kaffee - nach vielen Jahren - sehr rasant an. Seitdem hat sich der Preis für ein Pfund (entspricht 0,45 kg) von 1,25 USD auf beinahe 2,50 USD verdoppelt. In der Vergangenheit gab es immer wieder starke Preisschwankungen, so zuletzt 2011 und 2015.
Die Gründe für den derzeitigen starken Anstieg der Rohkaffeepreise sind vielfältig. Zum einen haben sowohl Dürre als auch Frost in verschiedenen Regionen in Brasilien zu massiven Ernteausfällen geführt. Dadurch verringert sich die erwartete Produktion in Brasilien um -20% im Vergleich zum Vorjahr. Diese massiven Ernteausfälle im weltweit größten Anbauland sind hauptverantwortlich für den Rückgang der weltweiten Produktion von 176.000 auf 165.000 Sack.
Außerdem kommt es aufgrund einer Zunahme von Kaffeerost (Pilzkrankheit) in Honduras und dem schwelenden Bürgerkrieg in Äthiopien zu weiteren Ernteausfällen in zwei großen Anbauländern. Diese Marktsituation aus geringerer Produktion gepaart mit höherem Kaffeekonsum aufgrund der wirtschaftlichen Erholung, ist ein großer Faktor für den starken Preisanstieg. Aber nicht der einzige.
Der Welthandel ist durch die Lockdowns während der Pandemie, die Blockade im Suez Kanal und einem akuten Mangel an leeren Containern aus seinem akribisch getakteten Gleichgewicht geraten. Dies hat die Abfertigung der Containerschiffe in den An- und Ablegehäfen weltweit verlangsamt und zu einem Rückstau geführt. Die gleichzeitig hohe Konsumnachfrage lässt die Transportkosten für die wenigen verfügbaren Container massiv ansteigen.
Photo: Ian Taylor
Meldungen über panikartig angekaufte gebrauchte, leere Schiffscontainer erreichen uns aus mehreren Anbauländern. Diese Dynamiken haben die Transportkosten für die Verschiffung des Rohkaffees sowie dessen Auslieferung über Land massiv steigen lassen.
Darüber hinaus steigt die Inflation. Ausgehend von der ultra lockeren Geldpolitik der Zentralbanken weltweit steigen auch die Preise für Güter die für den Kaffeeanbau und die Aufbereitung nach der Ernte benötigt werden. Dazu zählen neben Maschinen insbesondere auch Düngemittel. Die durch die Inflation dringend notwendigen Lohnerhöhungen im Anbauland erhöhen ebenso die Produktionskosten wie höhere Energiekosten, was sich mittelfristig ebenso auf den Kaffeepreis auswirken wird.
Als kleine Kaffeerösterei mit hohem Anspruch an Frische und Qualität kaufen wir unsere Rohkaffees saisonal im Rahmen der Erntezyklen in den Anbauländern. Das jahrelange bunkern von Rohkaffees bei günstiger Marktlage liegt uns fern. Grundsätzlich begrüßen wir stabile, faire Preise für die Kaffeebauern und leisten unseren Beitrag im Rahmen unserer Möglichkeiten. Aufgrund der vielschichtigen inflationären Tendenzen auch abseits der Rohkaffeepreise, werden die höheren Kosten vermutlich auch Endkonsumenten erreichen.
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